sábado, 29 de maio de 2010

Dich zu lieben 4


"Er glaubte nicht, daß er jemals zurückkehren müsse. Aber alle diese vertrauten Arbeiten erschienen ihm an diesem Morgen ungemein süß. Und, als er die Blume zum letztenmal begoß und sich anschickte, sie unter den Schutz der Glasglocke zu stellen, entdeckte er in sich das Bedürfnis zu weinen.
»Adieu«, sagte er zur Blume.
Aber sie antwortete ihm nicht.
»Adieu«, wiederholte er.
Die Blume hustete. Aber das kam nicht von der Erkältung.
»Ich bin dumm gewesen«, sagte sie endlich zu ihm. »Ich bitte dich um Verzeihung. Versuche, glücklich zu sein.«
Es überraschte ihn, daß die Vorwürfe ausblieben. Er stand ganz fassungslos da, mit der Glasglocke in der Hand. Er verstand diese stille Sanftmut nicht.
»Aber ja, ich liebe dich«, sagte die Blume. »Du hast nichts davon gewußt. Das ist meine Schuld. Es ist ganz unwichtig. Aber du warst ebenso dumm wie ich. Versuche, glücklich zu sein... Laß diese Glasglocke liegen! Ich will sie nicht mehr...«
»Aber der Wind...«
»Ich bin nicht so stark erkältet, daß... Die frische Nachtluft wird mir gut tun. Ich bin eine Blume.«
»Aber die Tiere...«
»Ich muß wohl zwei oder drei Raupen aushalten, wenn ich die Schmetterlinge kennenlernen will. Auch das scheint sehr schön zu sein. Wer wird mich sonst besuchen? Du wirst ja weit weg sein. Was aber die großen Tiere angeht, so fürchte ich mich nicht. Ich habe meine Krallen.«
Und sie zeigt treuherzig ihre vier Dornen. Dann fügte sie noch hinzu:
»Zieh es nicht so in die Länge, das ist ärgerlich. Du hast dich entschlossen zu reisen. So geh!«
Denn sie wollte nicht, daß er sie weinen sähe. Es war eine so stolze Blume."

Antoine Saint-Exupéry, Der Kleine Prinz in http://www.kleineprinz.de.vu/

sexta-feira, 28 de maio de 2010

Zu viel...



   “Mein Geschäft auf Erden ist aus. Ich bin voll Willens an die Arbeit gegangen, habe geblutet darüber, und die Welt um keinen Pfenning reicher gemacht.
   Ruhmlos und einsam kehr ich zurück und wander durch mein Vaterland, das, wie ein Totengarten, weit umher liegt, und mich erwartet vielleicht das Messer des Jägers, der uns Griechen, wie das Wild des Waldes, sich zur Lust hält.
   Aber du scheinst noch, Sonne des Himmels! Du grünst noch, heilige Erde! Noch rauschen die Ströme ins Meer, und schattige Bäume säuseln im Mittag. Der Wonnegesang des Frühlings singt meine sterblichen Gedanken in Schlaf. Die Fülle der allebendigen Welt ernährt und sättiget mit Trunkenheit mein darbend Wesen.
   O selige Natur! Ich weiß nicht, wie mir geschiehet, wenn ich mein Auge erhebe vor deiner Schöne, aber alle Lust des Himmels ist in den Tränen, die ich weine vor dir, der Geliebte vor der Geliebten.
   Mein ganzes Wesen verstummt und lauscht, wenn die zarte Welle der Luft mir um die Brust spielt. Verloren ins weite Blau, blick ich oft hinauf an den Aether und hinein ins heilige Meer, und mir ist, als öffnet' ein verwandter Geist mir die Arme, als löste der Schmerz der Einsamkeit sich auf ins Leben der Gottheit.”

Friedrich Hölderlin, Hyperion oder der Eremit in Griechenland

quinta-feira, 27 de maio de 2010

Auch ich blieb am Ufer...


"Ich blieb am Ufer, blickte still, von den Schmerzen des Abschieds müd, in die See, von einer Stunde zur andern. Die Leidenstage der langsamsterbenden Jugend überzählte mein Geist, und irre, wie die schöne Taube, schwebt' er über dem Künftigen. Ich wollte mich stärken, ich nahm mein längstvergessenes Lautenspiel hervor, um mir ein Schicksalslied zu singen, das ich einst in glücklicher unverständiger Jugend meinem Adamas nachgesprochen."

Friedrich Hölderlin, Hyperion oder der Eremit in Griechenland

terça-feira, 25 de maio de 2010

Das mögen die gerechten Götter wissen!


e sob as pedras soltas
se esconde a tua fugaz imagem
e eu construo
passo a passo
as tuas ausências
e aguardo
que abraces docemente
o meu cansaço

domingo, 23 de maio de 2010

Auch wenn alles ein reiner Traum ist...



"Ich liebe meines Wesen Dunkelstunden,
in welchen meine Sinne sich vertiefen;
in ihnen hab ich, wie in alten Briefen,
mein täglich Leben schon gelebt gefunden
und wie Legende Weit und überwunden.

Aus ihnen kommt mir Wissen, dass ich Raum
zu einem zweiten zeitlos breiten Leben habe."

Rainer Maria Rilke, O Livro das Horas, Lisboa: Assírio & Alvim, 2008, s. 34

sexta-feira, 21 de maio de 2010

Auf der anderen Seite...



"Die kleinzweiige
Wirklichkeit
schiebt ihren Wahn
um dich her,
den einen, den andern,


morgen
tritt all das in sich zurück,
die Worte, unverhüllt,
kommen.
die ersten."

Paul Celan, A Morte é uma Flor, Lisboa: Edições Cotovia, 1998, s. 76

domingo, 16 de maio de 2010

Kennst du mich eigentlich?


"Mein Herz, mein Herz ist traurig,
 Doch lustig leuchtet der Mai;
 Ich stehe, gelehnt an der Linde,
 Hoch auf der alten Bastei."

Henrich Heine, Gedichte, Stuttgart: Reclam, 1993, s. 22

segunda-feira, 10 de maio de 2010

Fremde Stunde


"So hat man sie gemalt; vor allem Einer,
der seine Sehnsuch aus der Sonne trug.
Ihm reifte sie aus allen Rätseln reiner,
aber im Leiden immer allgemeiner:
sein ganzes Leben war er wie ein Weiner,
dem sich das Weinen in die Hände schlug.

Er ist der schönste Schleier ihrer Schmerzen,
der sich an ihre wehen Lippen schmiegt,
sich über ihnen fast zum Lächeln biegt -
und von dem Licht aus sieben Engelskerzen
wird sein Geheimnis nicht besiegt."

Rainer Maria Rilke, O Livro das Horas, Lisboa: Assírio & Alvim, 2008, s. 94

domingo, 9 de maio de 2010

Aus Zeit und Liebe...


   "Jahrtausende sind seither vergangen. Die grossen Städte von damals sind zerfallen, die Tempel und Paläste sind eingestürzt. Wind und Regen, Kälte und Hitze haben die Steine abgeschliffen und ausgehölt, und auch von den grossen Theatern stehen nur noch Ruinen. Im geborstenen Gemäuer singen nun die Zikaden ihr eintöniges Lied, das sich anhört, als ob die Erde im Schlaf atmet.
   Aber einige dieser alten grossen Städte sind grösse Städte geblieben bis auf den heutigen Tag. Natürlich ist das Leben in ihnen anders geworden. Die Menschen fahren mit Autos und Strassenbahnen, haben Telefon und elektrisches Licht . Aber da und dort zwischen den neuen Gebäuden stehen noch ein paar Säulen, ein Tor, ein Stück Mauer, oder auch ein Amphiteather aus jenen alten Tagen."

Michael Ende, Momo, München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1992, s. 10