domingo, 25 de julho de 2010

Fall ab, mein Herz!



Fall ab, Herz vom Baum der Zeit,
fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen,
die einst die Sonne umarmt',
fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug!

Fliegt noch die Locke taglang im Wind
um des Landgotts gebräunte Stirn,
unter dem Hemd preßt die Faust
schon die klaffende Wunde.

Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken
sich dir einmal noch beugt,
nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben
noch einmal dir füllt.

Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre,
wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht.

Und was bezeugt schon dein Herz?
Zwischen gestern und morgen schwingt es,
lautlos und fremd,
und was es schlägt,
ist schon sein Fall aus der Zeit.

Ingeborg Bachmann, in http://www.gedichte.vu/

sexta-feira, 23 de julho de 2010

Nun heute...









"Ich bin ganz ruhig, sagte ich mir. Meine Glieder sind schwer und warm (in der Tat: das waren sie!). Mein Puls schlägt ruhig. Die Stirn ist angenehm kühl. Solarplexus strömend warm. Ich bin glücklich. Das Leben ist schön."

Christa Wolf, Neue Lebensansichten eines Katers, Stuttgart: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1988, s. 17

quarta-feira, 21 de julho de 2010

Ich hoffe es bringt dir Glück!



"Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.

Die Trägen die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur von Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.

Die Bächlein von den Bergen springen,
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
Was soll ich nicht mit ihnen singen
Aus voller Kehl und frischer Brust?

Den lieben Gott laß ich nun walten,
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
Und Erd und Himmel will erhalten,
Hat auch mein Sach aufs best bestellt."

Joseph von Eichendorff, "Der frohe Wandersmann", in  Oito Séculos de Poesia Alemã, Antologia Comentada por Olívio Caeiro, Fundação Calouste Gulbenkian: Lisboa, 1983, p. 264

sábado, 17 de julho de 2010

Kein Sinn mehr




"Mephistopheles.
Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
Und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst,
So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,
Und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt;
Mein Pathos brächte dich gewiss zum Lachen,
Hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt.
Von Sonn’ und Welten weiß ich nichts zu sagen,
Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.
Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
Ein wenig besser würd’ er leben,
Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein,
Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
Er scheint mir, mit Verlaub von Euer Gnaden,
Wie eine der langbeinigen Zikaden,
Die immer fliegt und fliegend springt
Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;
Und läg’ er nur noch immer in dem Grase!
In jeden Quark begräbt er seine Nase.


Der Herr.
Hast du mir weiter nichts zu sagen?
Kommst du nur immer anzuklagen?
Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?


Mephistopheles.
Nein Herr! Ich find’ es dort, wie immer, herzlich schlecht.
Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,
Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen.


Der Herr.
Kennst du den Faust?


Mephistopheles.
Den Doktor?


Der Herr.
Meinen Knecht!


Mephistopheles.
Fürwahr! Er dient Euch auf besondre Weise.
Nicht irdisch ist des Toren Trank noch Speise.
Ihn treibt die Gärung in die Ferne,
Er ist sich seiner Tollheit halb bewusst;
Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne
Und von der Erde jede höchste Lust,
Und alle Näh’ und alle Ferne
Befriedigt nicht die tief bewegte Brust.


Der Herr.
Wenn er mir auch nur verworren dient,
So werd’ ich ihn bald in die Klarheit führen.
Weiß doch der Gärtner, wenn das Bäumchen grünt,
Das Blüt’ und Frucht die künft’gen Jahre zieren.


Mephistopheles.
Was wettet Ihr? Den sollt Ihr noch verlieren,
Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt,
Ihn meine Straße sacht zu führen!


Der Herr.
Solang er auf der Erde lebt,
So lange sei dir’s nicht verboten.
Es irrt der Mensch, solang er strebt.


Mephistopheles.
Da dank’ ich Euch; denn mit den Toten
Hab’ ich mich niemals gern befangen.
Am meisten lieb’ ich mir die vollen, frischen Wangen.
Für einen Leichnam bin ich nicht zu Haus;
Mir geht es wie der Katze mit der Maus.


Der Herr.
Nun gut, es sei dir überlassen!
Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,
Und führ’ ihn, kannst du ihn erfassen,
Auf deinem Wege mit herab,
Und steh beschämt, wenn du bekennen musst:
Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange
Ist sich des rechten Weges wohl bewusst.


Mephistopheles.
Schon gut! Nur dauert es nicht lange.
Mir ist für meine Wette gar nicht bange.
Wenn ich zu meinem Zweck gelange,
Erlaubt Ihr mir Triumph aus voller Brust.
Staub soll er fressen, und mit Lust,
Wie meine Muhme, die berühmte Schlange.


Der Herr.
Du darfst auch da nur frei erscheinen;
Ich habe deinesgleichen nie gehasst.
Von allen Geistern, die verneinen,
Ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.
Des Menschen Tätigkeit kann allzu leicht erschlaffen,
Er liebt sich bald die unbedingte Ruh’;
Drum geb’ ich gern ihm den Gesellen zu,
Der reizt und wirkt und muss, als Teufel, schaffen.
Doch ihr, die echten Göttersöhne,
Erfreut euch der lebendig reichen Schöne!
Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
Umfass’ euch mit der Liebe holden Schranken,
Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
Befestigt mit dauernden Gedanken!"

Johann Wolfgang Goethe, Faust - Der Tragödie, erste Teil, Stuttgart: Reclam, 1988, s. 10-12

quinta-feira, 15 de julho de 2010

Blaue Liebe



Wer warst Du, blaue Blume
als Deine zarte Blüte
hinsank
in die Nacht?

Wer warst Du, blaue Blume
als Du mich heimlich fandest
und mich so sehr ans Blaue bandest?

Du bist gegangen

Erste

die ich nicht mehr kenne;
schau, wie ich erkühlte,

ich friere!

Georges Ettlin, in http://www.onlinekunst.de/mai/02_05_blaue_blume.html

sábado, 10 de julho de 2010

Ein Geheimnis...



"«Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!»
«Was muß ich da tun?» sagte der kleine Prinz.
«Du mußt sehr geduldig sein», antwortete der Fuchs. «Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle der Mißverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bißchen näher setzen können ...»"

Antoine Saint-Exupéry, Der Kleine Prinz in http://www.kleineprinz.de.vu/

sexta-feira, 9 de julho de 2010

Es zerriss mir das Herz!




"Chorar! Passada a sufocação, naturalmente lhe corriam as lágrimas. Chorar... chorar por tudo e por nada. Através desse véu de lágrimas via a imensidão do céu e a amplitude da paisagem. A tarde ia declinando, arrastada e muito doce, toda cheia de chilridos e voos de andorinhas..."

José Régio, Davam grandes passeios aos domingos, Lisboa: Contexto Editora, s/ d., p. 81


 "Übrigens freu ich mich, und das ist das einzige Gute dabei, dich jedesmal, wenn du fährst, eine Strecke Wegs begleiten zu können, bis an die Mühle gewiss oder bis an den Kirchhof oder auch bis an die Waldecke, da, wo der Morgnitzer Querweg einmündet. Und dann steig ich ab und schlendere wieder zurück. In den Dünen ist es immer am schönsten."

Theodor Fontane, Effi Briest, Stuttgart: Reclam, 1989, s. 192

terça-feira, 6 de julho de 2010

Wertlos...



"Im Aufgang der Leinwand,
 verwandlungswillig:
 ein Blau, das emporströmt.

 An seinen Ufern, tagweiss:
 die Zeit dieses Bildes.

 Sie wächst wie dein Aug es will."

Paul Celan, A Morte é uma Flor, Lisboa: Edições Cotovia, 1998, s. 26

sexta-feira, 2 de julho de 2010

Vertrauen...


"Alle Wirklichkeit hat ein Vor und ein Nach - beides sind Möglichkeiten - Nach ist Möglichk[eit]. Vor war Möglichkeiten. In ihr ist aber alles zugleich."

Fragmentos de Novalis, selecção, tradução e desenhos de Rui Chafes, Lisboa: Assírio & Alvim, 2000, s. 16